Westfalenpost

07.03.2007

Menden. Auto fahren, mobil sein, der erste eigene Wagen: Diesen Traum aller Jugendlichen war bisher immer erst mit 18 Jahren erreicht. Seit Oktober 2005 können sich jedoch auch erst 17-Jährige hinters Steuer setzen.

Möglich machte das der Modellversuch “Begleitetes Fahren ab 17”, der es Jugendlichen ein halbes Jahr vor ihrem 17. Geburtstag erlaubt, ihre Fahrausbildung zu beginnen. Mittlerweile sind die Ersten, die die Chance nutzten, so früh schon Fahrpraxis zu sammeln, mit ihrer Ausbildung fertig und dürfen seitdem mit einem Begleiter Auto fahren. Welche Erfahrungen haben Mendener Jugendliche mit Mama oder Papa als ständigem Beifahrer gemacht? Gibt es trotzdem Gründe für den “alten” Führerschein ab 18?

Für Christian Goeke definitiv ja. Der 17-Jährige wird vor seinem 18. Geburtstag im Mai die Prüfung ablegen – und darf dann alleine fahren. Mit Jahrgang 1989 fällt er jedoch genau in die Altersgruppe, die mit der Einführung des “Begleiteten Fahrens” angesprochen werden sollte. Im Herbst 2005 war Christian sechzehneinhalb Jahre alt, er hätte also da schon mit seiner Fahrausbildung beginnen können. Warum hat er freiwillig ein Jahr gewartet? “Für mich war die Entscheidung klar, dass ich auch den Motorradführerschein sofort machen wollte,” erklärt der Schüler, “und das geht mit 17 noch nicht.”

Der Abendrealschüler aus Lendringsen hält den Modellversuch jedoch für eine gute Idee, besonders die früher beendete Probezeit war für ihn verlockend. Jetzt muss er zwar bis zu seinem 20. Geburtstag warten, bis diese vorbei ist, dafür darf er aber ab Mai durchstarten, mit Auto und Motorrad – ganz alleine.

Das, worauf Christian noch hinarbeitet, darf Heike Schulte seit drei Wochen voll auskosten: alleine Auto fahren. Im Februar wurde sie volljährig, darf jetzt wählen gehen und abends bis tief in die Nacht ausgehen. Doch Auto fahren ist nicht neu für sie: Heike fährt schon seit zehn Monaten Auto. Am 21. April vergangenen Jahres legte sie ihre Prüfung in der Fahrschule Maywald ab und darf seitdem Auto fahren – mit Mama oder Papa neben sich.

Dieser kleine, aber entscheidende Zusatz macht den Unterschied zu dem “normalen Führerschein” aus, solange sie noch nicht 18 war, durfte Heike nur in Begleitung fahren. Die Schülerin hatte sich bewusst für das “Begleitete Fahren ab 17” entschieden: “Ich habe erst überlegt, ob ich wirklich zehn Monate lang immer mit meinen Eltern neben mir fahren möchte”, erzählt Heike, “aber letztlich habe ich es doch als eine Chance gesehen, früher fahren und von der Erfahrung meiner Eltern profitieren zu können.”

Ausschlaggebend für ihre Entscheidung war auch ihre schulische Situation. Heike, jetzt Schülerin der zwölften Klasse am Walburgis-Gymnasium, wollte sich voll und ganz auf ihren Führerschein konzentrieren können. In der elften Jahrgangsstufe musste sie sich noch keine Gedanken ums Abi machen und hatte mehr Zeit, Theoriebögen zu büffeln und Fahrstunden zu nehmen.

Eine Entscheidung, die sie nicht bereut. “Meine Eltern haben mir sehr geholfen, es war beruhigend, jemanden neben sich zu haben”, ist Heike froh, in der ersten Zeit als Fahranfänger einen erfahrenen Begleiter neben sich gehabt zu haben. Was genau macht so ein Begleiter? Er ist kein Hilfsfahrlehrer, der Anweisungen gibt, was wann zu tun ist, so besagen es die strengen Vorschriften des Modellversuchs. Tipps geben und bei Unsicherheiten des jungen Fahrers beratend zur Seite stehen, das sollen die Begleitpersonen in erster Linie tun.

Eine Aufgabe, die Heikes Eltern ernst genommen haben. “Meine Mutter hat mich zum Beispiel darauf aufmerksam gemacht, wenn ich zu weit rechts gefahren bin oder zu schnell war”, erzählt Heike. Gut findet sie auch, dass ihre Eltern sie bewusst für Autobahnfahrten oder die kurze Fahrt zum Einkaufen eingesetzt haben.

Zehn Monate Fahrpraxis Heike verfügt jetzt, mit gerade 18 Jahren nicht nur über zehn Monate Fahrpraxis, sie hat auch nur noch ein Jahr Probezeit vor sich. Die begann für sie nämlich schon mit dem Erhalt der Fahrerlaubnis im April. Auch das war für sie ein Grund, ihren Führerschein so früh zu machen – wenn auch nur in Begleitung.

Und wie ist es jetzt, auf einmal alleine zu fahren? “Es ist irgendwie schon ein komisches Gefühl, auf einmal ganz allein im Wagen zu sitzen”, beschreibt Heike die ersten Fahrten ohne ihre Eltern, “aber schön ist es!” Die Möglichkeit, ab 17 Jahren mit Begleitung schon Auto fahren zu können, sollte jeder nutzen, findet sie. “Man fühlt sich einfach viel sicherer.“Der Wunsch nach dem Motorrad-Führerschein hielt Christian Goeke davon ab, schon mit 16 den Führerschein zu machen. Jetzt ist es soweit.
Foto: Martina Dinslage

Von Anna Gemünd